„Eine Seefahrt die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön! Denn da kann man fremde Länder und noch manches andre sehn! Hol-la-hi, hol-la-ho,…“
Nun, der Respekt vor dem Meer und seinen Wellen war schon recht groß. Hatten wir doch keine Ahnung, wie das denn da so wird auf hoher See. Meine letzte Hochseereise war ungefähr 45 Jahre her und führte von der Insel Föhr nach Helgoland. Das war ein großer Spaß auf richtig rauher Hochsee, die Vielen auf der Nussschale den Appetit verdorben hatte.
Der Sturm vor Bord am Vorabend hatte sich gelegt und die nunmehr wesentlich größere MS Fridtjof Nansen zog ihre Bahnen ruhig in Richtung des arktischen Ozeans. Gut zwei Tage schipperten wir von Island hinüber nach Grönland. Zwei Tage Zeit, um auch geistig anzukommen, weg von Heim und Arbeit, abschalten von den Aufgeregtheiten des Alltags und der Anreise. Und Gelegenheit, sich an Bord zu orientieren und akklimatisieren.
Die Kabine war überraschend geräumig und von höherem Ausstattungsniveau, die Kojen extrem bequem. Vor allem aber war es sehr leise – kein Motorenlärm und keine Geräuschkulissen aus der Nachbarschaft. Das Fenster zum Hof lud zum spannen ein. Pauli sein Frau nahm das Angebot zum saunieren dankend an, um anschließend im außerhäuslichen Whirlpool Dampf abzulassen. Währenddessen glotzte ihr Mann verträumt in die ewigen Weiten des Ozeans.
Die Crew stellte sich selbst, das vor uns liegende Programm und die schifflichen Abläufe vor. Man wurde Gruppen mit tierischen Namen zugeordnet, was später hilfreich beim organisieren von Exkursionen war. Wir gehörten zur Gruppe „Bow Haed Whales“, übersetzt „Grönlandwale“. Jeder bekam eine Jacke und Trinkflasche geschenkt und Gummistiefel geliehen. Die Bordrestaurants kredenzten sehr gutes und abwechslungsreiches Essen. Hier wurde einem bei jedem Mahl jedesmal ein Tisch zugeordnet und zu selbigen hinbegleitet. Joh, und so wurden es erste, recht kurzweilige Tage an Bord, bei dem vor allem Ruhe in Körper und Geist eintreten sollten. Auch wenn gleichzeitig die innere Aufregung um das, was vor uns lag, doch wuchs…
Dann, endlich, früh am Morgen des dritten Tages war es soweit: der erste Eisberg voraus!!! Naja, also ganz weit weg, am Horizont und nur mit dem Tele gut zu erahnen. Ein richtiger Kawenzmann! Wahrscheinlich. Man, man, man… Toll!

Der Puls hoch, die Aufregung groß: wir haben einen Eisberg gesehen! In der Ferne tauchte Festland auf. Nebenbei kreuzte noch eine Rotte Wale unseren Weg.

Und dann: noch mehr Eisberge. Kleine, große, schmale, lange, flache.





Und während der staunend schweigsame Pauli sein Frau ihr Mann sich am Ziel seiner Träume angelangt wähnte, näherte sich das Schiff der ersten Station mit humanoiden Anschluss: Qaqortoq. Wie gemalt lag es da vor uns, mit seinen pittoresk bunten Häusern.

Flugs verlief die Anlandung und wir betraten Grönlands Festland. Ein Rundgang auf eigene Faust durch die Stadt folgte. Also, weniger mit der Faust, sondern mehr mit offenen Mund geschah. Optisch aufsaugend und staunend. Wobei neben dem was zu sehen war, mehr noch das ungläubige Staunen im Vordergrund ragte, tatsächlich auf Grönlands Grund zu stehen und tatsächlich vor Ort grönländische Kultur erleben zu dürfen.
Es war ein schöner und für hiesige Verhältnisse warmer Tag. Meine arg introvertierte Art ermöglichte uns einen direkten Austausch mit den Einheimische, die uns gegenüber sehr aufgeschlossen und freundlich begegneten. Das war großartig und hat viel Spaß gemacht.
















Nach dem Rundgang wartete dann ein Bötchen auf uns, das uns zu den entlegenen Hvalsey Kirchenruinen bringen sollte. Alles Wissenswertes dazu gibt es gehaltvoller und ausführlich hier (klicken).
Weniger als eine Stunde dauerte die Fahrt in dem engen Nussschälchen dorthin. Der Schiffer setze uns aus und wir setzten uns ab, stapften durch das hohe Gras und über Steine bis zu den steinigen Überresten der vor über 400 Jahren verlassenen Bebauung. Mich faszinieren ja solche Überreste vergangener Kulturen immer. Hier nun, an einem Ort mutmaßlich völliger Einsamkeit und Abgelegenheit, wirkt das auf mich zweimal mehr intensiv. Das Verweilen und Hoffen, jemals auch wieder abgeholt zu werden, verstärkte noch das gedankliche Eintauchen in die unbekannte Geschichte. Wie war das wohl damals hier, wie muss man sich das Leben vorstellen, was hat die Menschen bewegt – im wahrsten Sinne des Wortes?
Nach einer gefühlten Ewigkeit hörten wir von weitem das Motorengeräusch unseres Wassertaxis. Das war sichtbar noch ewig weit weg, und doch in der ewigen Stille des historischen Ortes gut zu hören…




Und nebenbei sollte mir übrigens noch eines der eindrucksvollsten Fotos eines Eisberges gelingen. Aus der Hüfte und dem Fenster der Nussschale heraus geschossen. Ein richtiger Kaventsmann, hoch und riesig. Hammer!

So neigte sich der erste Grönlandtag dem Ende zu. Mit einem letzten Blick auf die Hafenbucht und dem Ort, wo wir noch eben in der Sonne zusammen mit den Einheimischen zusammen saßen und flachsten, ging es wieder hinaus und hinauf die Westküste entlang. Gespannt, ob das bisher erlebte wohl noch zu toppen wäre…

Davor: Grönland – Prolog


