Heute, am 27. Januar, ist wieder der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust (International Holocaust Remembrance Day). Vor nunmehr genau 80 Jahren befreite die Rote Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Ausschwitz, dem Symbol für den Holocaust.
Ich hatte 2018 die Gelegenheit das Lager zu besuchen. Nicht mein erster Besuch in einem KZ, hatte ich zuvor schon Buchenwald nahe Weimar besucht. Auch so ein Symbol.
Selbst ein Besuch vor Ort und das eigene, unmittelbare Erleben an just den Stellen, die durch viele Fotos und Filmen dokumentiert sind, lassen mich die monströse Vernichtung von menschlicher Würde und Leben kaum nachempfinden. Trotzdem ist die Konfrontation mit der konservierten Realität für mich wichtig, um überhaupt dem Begreifen eine Chance zu geben.
Ich meine mich sehr intensiv mit Geschichte auseinandergesetzt zu haben in meinem Leben, das nur wenige 19 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz begann. Und schon als sehr junger Mensch stellte ich mir die kindlich naive Frage, wie war es nur möglich, dass die damalige Gesellschaft – und mithin ja auch meine Familie – diesen Exzess zu lies?
Ich fand die Formel schlüssig, dass man in der Zeit gelebt haben musste um zu verstehen, wie aufgrund der damaligen Lebensumstände und politischen Gemengelage extremistische Strömungen entstehen konnten, die Mechanismen von Ausgrenzung bis hin zur Vernichtung ganzer Bevölkerungsgruppen entwickeln konnten.
Vielleicht hat diese Formel ja auch geholfen, mich ein wenig von der Unmittelbarkeit zu distanzieren und unterschwellig zu beruhigen, nach dem Motto „so war das eben damals“? Und mit der Erfahrung und dokumentarischen Offenlegung der Gräuel und Geschichte(n) wird sowas sicher nie mehr möglich sein. Da wäre der gesellschaftliche Widerstand groß! War ich mir sicher.
Joh.
Nun, 80 Jahre später, laufen wieder Faschisten durchs Land und Akteure rechtsnationaler politischer Ausrichtung gebärden sich in Sprachen und Ton in einer Form, die an jene Protagonisten erinnern, die die Welt vor fast 100 Jahren in Brand gesteckt haben. Dabei sind die Lebensumstände heute völlig andere, als noch vor 100 Jahren. Wem bitte fehlt es wo an was, dass dieser Extremismus neue Blüten treibt?
Ich kann das so wenig fassen, wie die Eindrücke beim Rundgang von Birkenau und Auschwitz.
Und jetzt?
Ich bilde mir ein, dem ganzen Unbill kann man vor allem viel Bildung entgegensetzen. Und Nähe schaffen zu dem, was vor 80 Jahren in Ausschwitz sein Ende fand. Dies halte ich auch für eine elementare Aufgabe im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit mit Kindern und Jugendlichen.
Gleichzeitig lebe ich auch die grundsätzliche Haltung, Extremismus jedweder Form entgegen zu treten.
Mir scheint das nicht nur an einem Tag wie heute wichtiger, als jemals zuvor.