Die Moral von der Geschicht´

Ja hätte ich das gedacht? Meine fast schon provozierend dekadent naive Ignoranz der Wirklichkeit wird in diesen Tagen jäh bestraft. Die Unterstellung, eine friedliche Koexistenz der Völker ist zumindest in Europa weitestgehender politischer Konsens, erweist sich als Nonsens.

Klar, temporäre gewalttätige Auseinandersetzungen aufgrund unüberbrückbar scheinender politischer, gesellschaftlicher oder religiöser Ansichten hat es immer wieder mal irgendwo gegeben. Aber Krieg in Europa, noch in diesem Ausmaß, so wie ihn Putin gegen die Ukraine derzeit führt, war für mich völlig undenkbar.

Ich ertappe mich dabei, wie ich in meiner Komfortzone auf die Nachrichtenbilder schaue, ungläubig, mit dem Versuch zu verstehen. Ist es so simpel, das ganze menschenverachtende Drama auf eine reine Großmannssucht eines Einzelnen zu reduzieren?

Die Geschichte heute erinnert stark an so Geschichten von gestern, als beispielsweise ein Braunauer Großphantast mit ähnlichem Vorlauf am bitteren Ende die halbe Welt in Brand steckte. Und diese germanische Leidgeschichte findet in Teilen immer wieder so kleine Nachahmer, irgendwo, irgendwann auf dem Globus, die wir heute Dank medialer Dauerbeschallung (so man sich derselben hingibt) auf allen Kanälen live und in Farbe miterleben können.

Joh, willkommen in der Welt des 21. Jahrhunderts.

Ich bin zu gut für diese Welt. Oder zu doof. Zu glauben, das alles wäre immer schön watt weit weg von meinem kleinen unmittelbaren Universum. Und gleichsam zu unterstellen, den Despoten dieser Welt werden sich schon immer ausreichend Gute, Starke und Aufrechte entgegenstellen und Überhand gewinnen. Wie bei Raumschiff Enterprise.

Der unbedingte Wunsch ist Vater_in meines Gedankens, dass diese ganzen schlechten Witzfiguren in den Nachrichten heute schon schlechte Geschichte von gestern sind. Unterdrückende Systeme irgendwo von irgendwelchen sterblichen Gewaltherrschern werden sich dauerhaft nicht halten. Zeigt die Wissenserfahrung aus der blamablen humanoiden Historie. So what?

Aber so einfach wie weit weg ist das alles dann wohl augenscheinlich doch nicht. Der Aufschlag aus der Höhe der Hybris, mit alledem nur peripher zu tun zu haben, runter in die Realität, eben nicht unbeteiligter Zeitzeuge des aktuellen Geschehens zu sein, ist schmerzhaft.

Und die Moral von der Geschicht´: nach fast 77 Jahren Frieden in Europa entflammen die offensichtlich allseits gescheiterten politischen Strategien einen Ost-West-Konflikt, welche die Ertüchtigung der Armeen zur Folge hat. Ein globales Aufrüsten mit dem Ziel, sich zukünftig wieder gegenseitig öffentlichkeitswirksam die Knarre an den Kopf zu halten, um unter dem gewalttätigen Druck friedvoll miteinander zu leben. Absurd. Aber offensichtlich unausweichlich.

Als wenn es keine anderen Probleme oder Herausforderungen zum Erhalt des Planeten gäbe. Anstatt die Potentiale aller zum Wohle aller zu nutzen, fällt man zurück in martialische Stricklieselmuster von anno dazumal.

Nein, ich bin nicht depressiv. Und auch nicht hysterisch. Und vielleicht ist das auch alles zu trivial von mir gedacht. In mir reift aber mehr und mehr die Überzeugung, dass die Menschheit nicht zum Überleben gemacht ist. Die vom Humor sapiens umfassend – und mir scheint unumkehrbare – zerstörerische Lebensgestaltung hat auf dieser Erde keine Zukunft. Hoffentlich tragen wir unsere geistig-moralische Beschränktheit nicht noch weiter ins Weltall.

Aber vielleicht wird ja doch noch alles gut? Wie bei der Enterprise.

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