
Die Tage musste ich in einem kurzen Social Media Tête-à-tête noch einmal erwähnen, dass ich in Alsdorf aufgewachsen bin. Und das noch zu einer Zeit, die geprägt war vom Steinkohleabbau auf „Grube Anna“ des Eschweiler Bergwerksverein, kurz EBV. Die drei Buchstaben waren zu jener Zeit weithin sichtbar auf dem hohen Förderturm aus Beton und sind ein Wahrzeichen für die Bergbaustadt gewesen, wie der alte Wasserturm neben dem Rathaus.
Im September 1992 endete eine fast anderthalb Jahrhunderte währende Bergbaugeschichte. Und obwohl ich wußte, dass die Kokerei auf Anna eine der größten in Europa war und ich mit dem Amoniakgeruch und den Kohlepartikeln die die „Kull“ regelmäßig ausspuckte wie selbstverständlich aufwuchs, wußte ich doch sehr wenig konkretes über die Arbeit dort.
Jedenfalls wurde mir das jetzt noch einmal insofern sehr deutlich, als ich über drei Filme des Landschaftsverbandes Rheinland gestoßen bin, die kurz vor Schließung der Zeche 1992 die Geschichte des Steinkohlenbergbaus im Wurmrevier, die Arbeiten der Kokerei und an „Anna N. 8“ sehr eindrucksvoll dokumentieren.
Leider ergab es sich für mich nie, einmal im Aachener Revier „unter Tage“ zu kommen. In Sambia konnte ich mal ein Kupferbergwerk besuchen und fuhr bis ca. 850 Meter in die Tiefe. Sprichwörtlich bis in den hintersten Streb, wo noch mit einer Handbohrmaschiene Löcher für Dynamitstangen gebohrt wurden. Liegend.
Und in Simbabwe war ich mal in einer Edelsteinmine, ca. 500 Meter tief. Einige Steine habe ich noch mitnehmen dürfen. Jedoch leider keine Edelstein, sondern nur solche mit Fossilen Abdrücken.
In Alsdorf stand ich unterdessen nur vorm Tor. Oder arbeitete als Schlosser in der Werkstatt von Rübbens Pitt, die in der Halle im ehemaligen Stellwerk von Anna direkt gegenüber der Kokerei gelegen war. Just 1992 habe ich dort für eine kurze Zeit meine Einnahmen aufbessern können, um mein Studium zu finanzieren. Ich habe das deshalb noch gut in Erinnerung, wie Anna von heute auf morgen erkaltete.
Nun also stoße ich auf drei Filme des LVR unter der Überschrift @Alltagskulturen im Rheinland. Und ich muss zugeben, dass mich die musealen Streifen doch ziemlich gefesselt haben. Einerseits natürlich, weil mich die Bilder an das Alsdorf von früher noch gut erinnern, weil es ja „meine Stadt“ war. Gleichzeitig sind die Filme wirklich ein großartiges Zeugnis der groben analogen Technik und der harten Arbeit, die die Bergleute unter Tage im Steinkohlebergbau zu leisten hatten. Der erste Film „Die Geschichte des Steinkohlebergbaus im Wurmrevier“ erzählt unter anderem den Alltag auf Anna. Was für eine Plackerei in jener Zeit.
Wie geht Kokerei? Noch so ein besonderer Lehrfilm, der mir so einiges erklärt, warum es in meiner Kind- und Jugendzeit in Alsdorf immer so roch und russte.
Faszinierend, oder? Ich finde man kann heute sehr gut nachvollziehen, dass diese „archaische“ Technik zuletzt kaum wirtschaftlich sein konnte. Unabhängig davon, dass das Aachener Revier am Ende für die Kokerei in Alsdorf selber zu wenig geeignete Fettkohle hergab und selbige aus dem Ruhrgebiet herangeschafft werden musste. Und doch kann ich gleichzeitig sehr gut nachvollziehen, wie groß die Wehmut bei den Bergleuten gewesen sein musste, als die letzte Fahrt getan, der letzte Ofen ausgedrückt war. Beeindruckend.
Ein weiteres Zeugnis jener Zeit ist die Geschichte um die Lok „Anna N.8“, die sinnbildlich für ein paar Loks stand, die auf der Grube ihren Dienst taten. Neben der auch heute noch toll anzusehenden Dampftechnik war es tagtäglich die Schranke an der Bahnhofsstraße, der Broicher Straße, oder der Herzogenrather Straße, die den seinerzeit noch nicht so üppigen und hohen Verkehrsfluss in Alsdorf City regelmäßig für einige Minuten unterbrach. In meiner Erinnerung war auch das etwas, was völlig normal war in Alsdorf. Trotzdem ist es immer auch ein beeindruckendes Schauspiel gewesen, wenn die Dampfloks schwerfällig vor- und zurück setzten. Über die Technik und den Wartungsaufwand die dahinter standen, um Anna & Co. am laufen zu halten, habe ich mir nie Gedanken gemacht.
Was alle drei Filme zeigen und was mir nie so bewußt war: die mannigfachen unterschiedlichen Berufe und Aufgaben, die notwendig waren, um den Betrieb der Grube Anna sicherzustellen. Ich finde es großartig, dass der LVR kurz vor Schließung der „Kull“ auch dies zeitgeschichtlich festgehalten hat. Ich finde das eine respektvolle Würdigung der Arbeit der Bergleute.
Es lohnt ein Blick zurück. In diesem Sinne: Viel Spaß beim zuschauen und Glück auf!
Mehr Infos zur Geschichte der Grube Anna auch hier: http://www.bergbaumuseum-grube-anna2.de/index.php/grube-anna/
Mein Dank geht an Harald Finster für sein Foto vom Haupt- und Franzschacht anno 1991, welches ich für den Blogbeitrag nutzen darf.